„Mama, wann fahren wir endlich wieder nach Afrika?“ Johannes lässt den Löffel sinken, den er gerade in sein Müsli tauchen wollte, und studiert aufmerksam mein Gesicht. Ich weiß, wie gespannt er auf meine Antwort wartet und dass er mit seinem Anliegen wohl schon eine Zeit lang hinterm Berg gehalten hatte. Schließlich sind Fernreisen für die Familienkasse ein dicker Posten. Aber mir ist auch bewusst, dass unsere beiden Jungs das Abenteuer im fernen Land lockt und die Reise für sie kein exklusiver Luxustrip ist. So oft und begeistert hatten Johannes und sein Bruder Max in der letzten Zeit in Erinnerungen an unsere zurückliegende Afrikareise geschwelgt, dass auch wir Eltern längst wieder neue Reisepläne zu schmieden begonnen hatten. Also brauchte ich mit meinem Mann Oliver nur einen Blick und ein Lächeln zu tauschen, um sogleich unisono den positiven Bescheid liefern zu können: „Im Herbst!“ Viel weiter kamen wir auch gar nicht, denn der Rest der Details ging im lauten Jubel der Vorfreude unserer Kinder unter.

Blauer Pool und roter Sand

Seit einer Reise in die Kalahari vor einigen Jahren verbindet uns eine Freundschaft mit dem Berufsjäger Volca Otto von Ondjiviro Hunting Safaris, der uns in regelmäßigen Abständen immer wieder angeboten hat, ihn doch wieder in Namibia zu besuchen, sodass uns die Wahl des Zielortes nicht schwerfällt. Nach einem kurzen Telefonat sind die Urlaubspläne fertig – ganz unkompliziert und problemlos. Jagd-Familienferien wünschen wir uns, eine Jagdreise, auf der auch unsere Kinder nicht zu kurz kommen. Von allem ein bisschen also, eine Mischung, die den verschiedenen Bedürfnissen gerecht wird: kurz gesagt die legendäre eierlegende Wollmilchsau! Glücklicherweise kein Problem für Volca, der selbst Vater zweier Söhne ist und genau weiß, was sich eine Jägerfamilie mit Kindern ersehnt. Die verbleibenden Wochen bis zum Aufbruch vergehen wie im Flug. Pünktlich gelandet, holt uns Volca Otto von dem in der Nähe von Windhoek gelegenen Flughafen Hosea Kutako ab. Die Wiedersehensfreude ist groß, die Begrüßung herzlich. Wir haben uns vorgenommen, zunächst ein paar erholsamere Tage auf der Farm „Intu Africa“ in der Kalahari zu verbringen, um anschließend wieder nach Windhoek zurückzukehren, wo wir in der Nähe der Stadt in einem Gebiet jagen möchten, das touristisch und jagdlich noch nahezu unberührt ist.

Erschöpft von der langen Anreise, zieht sich die vierstündige Fahrt zu der Jagdfarm ein wenig in die Länge, doch als die ersten roten Sanddünen vor uns auftauchen, erwachen unsere Lebensgeister wieder. Jetzt kann der Urlaub beginnen! Kaum angekommen in der komfortablen Lodge im Herzen des Wildreservats, planschen die Kinder auch schon im Pool. Während ich mit einem Kaltgetränk auf der Terrasse sitze, begrüßt Oliver, der die Lodge bereits zum zweiten Mal besucht, die Mitarbeiter, die ihn noch von der letzten Reise kennen und schon seit vielen Jahren für Volca und seine Frau Marlies tätig sind. Wir haben genügend Zeit, uns zu akklimatisieren und einen gemütlichen ersten Abend zu verbringen. Erst morgen wollen wir auf die Jagd gehen.

Die Farm beherbergt im Jahresverlauf hauptsächlich Fototouristen, die in der Regel nur wenige Nächte bleiben. Die Jagdgäste der Farm versorgen die hauseigene Küche mit frischem Wildbret, das täglich die Speisekarte bereichert. Für uns steht hier also nicht die Trophäenjagd im Vordergrund, sondern die Fleischbeschaffung für die Gäste der Lodge. Wir sind nicht wählerisch, was Wildart oder Trophäe anbelangt, sondern wollen das jagen, was Volca benötigt bzw. für die Küche der Farm erlegt haben möchte. Eine entspannte Ausgangssituation für den nächsten Morgen und unseren ersten Jagdtag.

Beim Aufbruch vor Sonnenaufgang ist es noch frisch, und die Fahrt im offenen Geländewagen in einen entlegenen Teil des Reservats lässt uns frösteln. Die Kinder sind mit von der Partie und vor lauter Aufregung kaum zu bremsen. Immer wieder taucht Wild vor uns auf, die Jungs werden nicht müde, Zebras, Giraffen, Gnus, Oryxantilopen und Springböcke zu benennen oder für sie neue Arten wie Steinböckchen und Hartebeest zu entdecken. Wir bestaunen gerade eine Sippe Erdmännchen, die in sicherer Entfernung hinter ein paar Büschen Deckung sucht, als Volca einen einzelnen Oryxbullen entdeckt, der weiter entfernt über die nächste Sanddüne zieht. Schlagartig wird mir wieder bewusst, dass wir zur Jagd draußen sind, und mein Herzschlag beschleunigt sich. Die Pirsch hier in der Kalahari ist nicht besonders schwierig, denn in der Regel bieten dem Jäger die roten Sanddünen, die in regelmäßigen Abständen das weite Gelände strukturieren, ausreichend Deckung, um nah genug an das Wild heranzukommen. Schwierig wird es meist erst auf den letzten paar Metern der Düne, da man nie genau weiß, wo das Wild auf der anderen Seite steht oder ob es nicht bereits zur nächsten Düne weitergezogen ist.

Im Gänsemarsch marschieren wir durch den roten Sand, die letzten Meter legen wir auf allen vieren zurück. Oliver bleibt mit den Kindern am Fuße der Düne zurück, während ich neben Volca im heißen Sand liege. Der Oryxbulle steht im Schatten eines einzelnen Baumes spitz auf uns zu gerichtet und bewegt sich nicht. 140 Meter bis zum Ziel, doch noch steht er nicht breit. Langsam, ganz langsam wendet der Bulle das Haupt nach links und dreht ab. Volca pfeift kurz, und der Bulle verhofft. Der Schuss bricht, und mein erster Oryx liegt im Knall.

Sternstunden mit der ganzen Familie

Volca gibt Oliver ein Zeichen, und die Kinder laufen mir entgegen. Die Freude über den guten Schuss und meinen ersten Oryx ist groß. Und diesmal darf ich dieses Erlebnis mit der ganzen Familie teilen! Allzu lange dürfen wir jedoch nicht verweilen, die Sonne steht bereits hoch am Himmel, und die Hitze wird allmählich unerträglich, sodass wir zusehen müssen, das Wild zu versorgen und in die Kühlkammer zu transportieren. Mit vereinten Kräften verladen wir den Oryx auf den Geländewagen und bringen ihn in die nahe gelegene Wildkammer. Ich helfe beim Aufbrechen, auch die Kinder schauen neugierig zu. So ein großes Stück hängt zu Hause doch eher selten am Haken.

Eine Geräuschkulisse wie in Jurassic Park

Für unsere letzten Urlaubstage kehren wir wie geplant nach Windhoek zurück, um in der Nähe der Stadt auf einem ehemaligen Farmland zu jagen, das schon seit Jahrzehnten weder bewohnt noch bewirtschaftet ist. In dieser Umgebung lässt sich die Jagd in Afrika ganz ursprünglich und hautnah erleben. Das Gelände ist lediglich in Richtung der Stadt durch einen Zaun gesichert, in Richtung Hinterland und Berge gibt es keine Barriere, die das Wild daran hindern könnte, sich völlig frei zu bewegen. Das bedeutet, dass man hier auf alles gefasst sein sollte und mit nichts rechnen darf: Jagd also in ihrem ursprünglichsten Sinne! Die Landschaft in dieser Gegend zeigt sich von einer ganz anderen Seite. Der Himmel ist bewölkt, gestern Nacht gingen Schauer nieder, und der Sandboden verströmt noch den erdig-schweren Duft nach Regen. Auch wenn die Bäume eben erst grün werden, lässt sich erahnen, wie es hier aussehen wird, wenn der Frühling sich voll entfaltet und die Vegetation geradezu explodiert. Unterhalb einer höheren Bergkette schlängelt sich ein Fluss durch ein anmutiges Tal, links und rechts davon erstrecken sich saftgrüne Wiesen mit hohen Bäumen, die für das Wild sicher eine besondere Anziehungskraft besitzen. Dahinter folgt lockeres Buschland, das allmählich in einen dichten Dickbusch übergeht.

Erst außerhalb des Autos offenbart sich uns der besondere Reiz dieser urwaldartigen Landschaft: die überwältigende Geräuschkulisse. Von allen Seiten hört man das Schreien der Affen, die unglaubliche Vielfalt der Vogelstimmen, das millionenfache Summen und Zirpen der Insekten, das Grunzen von Warzenschweinen und das keckernde Lachen der Hyänen. Die Kinder blicken sich ehrfürchtig um, drehen sich im Kreis und überlassen sich ganz den akustischen Eindrücken, bis Johannes es auf den Punkt bringt: „Mama, hier wurde die Tonspur für Jurassic Park aufgenommen!“ Perlhühner und Sandgrouse kreuzen unseren Weg und verschwinden rasch im Busch, während wir unsere Pirsch entlang der saftigen Wiesen am Fluss beginnen. Im Gänsemarsch ziehen wir durch das hohe Gras, immer wieder hält Volca an und glast die Flächen vor uns ab. Hier ist das Wild perfekt getarnt und unglaublich schwer auszumachen. Und obwohl der Jagddruck nur sehr gering ist, verhält sich das Wild extrem vorsichtig. Zu spät entdecken wir ein paar Warzenschweine, die augenblicklich im Busch verschwinden.

Der graue Geist Afrikas

Vor uns liegt jetzt das flache, steinige Flussufer. Das Gebiet ist schlecht einzusehen, Bäume und Büsche wechseln sich ab, saftgrünes Gras davor und dahinter. Volca scheint Wild ausgemacht zu haben, lässt das Glas aber bald sinken und will schon weitergehen, als Oliver ihm auf die Schulter tippt. Hinter einem Baum steht doch etwas! Noch ist es mehr Ahnung als Gewissheit. Volca entdeckt das Wildtier sofort, ich brauche ein wenig länger. Unglaublich, wie gut das Wild hier getarnt ist! Jetzt weiß ich auch, warum man diese Wildart den „grauen Geist Afrikas“ nennt, denn knapp 250 Meter vor uns steht hinter einem Baum ein starker Kudubulle und äugt in unsere Richtung. „Keine Bewegung!“, zischt uns Volca zu. Wir wagen es kaum, zu atmen. Erst als der Bulle das Haupt zur Seite dreht, ziehen wir uns langsam hinter einen Busch zurück. Volca erläutert uns flüsternd die Situation: Der Bulle sei alt und gut. Normalerweise hätte man selten das Glück, so schnell auf einen so guten Kudu treffen. Mein Mann und ich schauen uns kurz an, während Oliver mir die Waffe in die Hand drückt. Keine Zeit für Diskussionen …

Mühsame Pirsch

Volca prüft erneut die Lage, sucht das Gelände nach einer geeigneten Schussposition ab und entscheidet sich, zu einem kleinen Graben einige Meter weiter vorzurücken.

Der Rest unserer Gruppe soll hier hinter dem Busch warten. Nur sehr langsam kommen wir voran. Doch wir schaffen es, uns auf gut 180 Meter dem Bullen zu nähern und eine gute Schussposition zu finden. Ich richte mich mit dem Schießstock ein, das Absehen ruht bereits sicher auf dem großen Wildkörper, doch noch ist der Winkel nicht perfekt. Eine gefühlte Ewigkeit später wendet sich der Bulle ab, macht zwei, drei Schritte und bleibt stehen. Ich atme ein und langsam aus und lasse die Kugel fliegen. Erst als mir Volca auf die Schulter klopft und mich in den Arm nimmt, erfasse ich die Situation in voller Gänze. Ich sammle mich und gehe langsam zum liegenden Kudubullen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Es ist eine Andacht, die die gesamten Erlebnisse dieses unvergesslichen Tages in Afrika miteinschließt. Nun müssen wir an das Versorgen und Bergen des Stückes denken. Immerhin wiegt der Bulle gewiss um die 300 Kilogramm und liegt mitten im Urwald. Eben, der ältere der beiden Tracker, holt bereits den Geländewagen, während wir das Stück aufbrechen. Das Haupt trennen wir ab, da die langen Hörner den Transport zum Wagen erschweren würden. Obwohl alle mit anpacken, ist es doch ein enormer Kraftaufwand, den Bullen bis zum Wagen zu ziehen und auf die Laderampe zu befördern. Zwei erschöpfende Stunden später ist es geschafft, wir sind bereits auf dem Weg zum Wildhändler in Windhoek.

Picknick am Wels-Fluss

Am nächsten Morgen wollen wir noch einmal nach den Warzenschweinen schauen. Doch außer einer jungen Bache mit ein paar Frischlingen ist unten am Flussufer nichts zu entdecken. Erst als wir zum Auto zurückkehren wollen, stoßen wir auf frische Elandfährten. Nicht weit von der Stelle, an der ich tags zuvor meinen Kudu geschossen habe, müssen hier unlängst drei Elenantilopen durchgezogen sein. Wir nehmen die Fährte auf und lassen die Tracker Eben und Asser ihre Arbeit machen. Faszinierend, wie die beiden auch schon längst verloren geglaubte Fährten stets wiederfinden! Ein-, zweimal wähnen wir uns ganz in der Nähe des Wildes, doch in Anblick bekommen wir es nicht. So geht es eine ganze Weile, bis sich die Fährten schließlich in den felsigen Bergen verlieren. Mittlerweile sind Stunden vergangen, die Kinder haben sich tapfer durch den Busch geschlagen und sich wie wir eine Pause verdient. Es ist Mittagszeit, das Wild ist ohnehin nicht mehr aktiv, und wir haben Hunger. Volca schlägt ein Picknick am Fluss vor und holt seine Angelruten hervor. Max ist begeistert. Seit er einmal in Schottland für einen Freund einen Lachs an Land ziehen durfte, ist er beim Fischen Feuer und Flamme. Volca hat frische Hühnerleber mitgebracht, die er nun am Haken befestigt, während er Max in die richtige Angeltechnik einweist.

Vereinzelt sehen wir Raubwelse, die zum Luftholen an die Wasseroberfläche kommen. Die Stelle scheint also vielversprechend zu sein. Max wirft den Köder aus und muss nicht allzu lange warten, bis ihm ein erster kleiner Wels an den Haken geht. Volca hilft Max, den Fisch zu sich heranzukurbeln, ein schnelles Foto, und schon landet der Fisch wieder im Wasser. So verbringen wir ein paar vergnügliche Stunden am Fluss. Vier größere Welse, alle von Max gefangen, werden von Eben und Asser sogleich ausgenommen und für den Verzehr zu Hause vorbereitet. So wird uns ein wahrlich glücklicher Abschluss der Reise zuteil, denn heute ist unser letzter Tag hier in Namibia. Bei einem köstlichen Abendessen in fröhlicher Runde verabschieden wir uns von Volca, den wir hoffentlich bald wiedersehen werden. Und schon jetzt weiß ich, dass spätestens bei der nächsten Urlaubsplanung unsere Kinder fragen werden: „Mama, wann fahren wir wieder nach Afrika?“


Reisebestimmungen
Für die Einreise nach Namibia benötigen Erwachsene einen gültigen Reisepass und Kinder einen Kinderreisepass. Die Reisedokumente müssen noch mindestens sechs Monate über die Reise hinaus gültig sein und noch mindestens zwei freie Seiten enthalten. Personen unter 18 Jahren müssen zudem eine internationale Geburtsurkunde, in der die Eltern aufgeführt sind, vorweisen können. Diese erhalten Sie beim jeweiligen Standesamt am Geburtsort Ihres Kindes.

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