Prolog

Eine Freundschaft ist in unserer heutigen Zeit schnell erklärt. Eine Jagdfreundschaft sogar noch schneller geschworen. Aber Freundschaften sind heute mehr denn je brüchig, denn man gibt ihnen nicht mehr genügend Zeit, um natürlich und nachhaltig zu wachsen. Dabei beginnt eine Freundschaft mit dem Kennenlernen und Entdecken gemeinsamer Interessen, ihre Vertiefung gewinnt durch Intensivierung. Sie erhält Stabilität durch Vertrauen und erstes Bestehen von Konflikten, sie wächst weiter durch gegenseitige Unterstützung. Schließlich erleben Freundschaften gemeinsame Momente von besonderer emotionaler Tiefe. Gemeinsame Jagden in fernen Ländern sind solche Momente von großer emotionaler Tiefe. Man könnte also mit Fug und Recht behaupten, für Jägerinnen und Jäger sind gemeinsame Jagdreisen der Höhepunkt ihrer Freundschaft.

Die Große Karoo

Im Frühjahr des letzten Jahres ging es für mich und meiner Frau Ilka endlich wieder nach Südafrika. Doch diesmal reisen wir nicht allein, sondern zusammen mit unseren englischen Freunden. Für diese ist es die erste Reise nach Afrika und wir freuten uns schon sehr darauf, mit ihnen dieses wunderschöne Land erkunden zu können.

Die Karoo ist eine südafrikanische Trockenregion innerhalb der Provinzen Westkap, Ostkap und Nordkap und reicht bis zum Süden Namibias. Der Name Karoo leitet sich ab von „kurú“, einem Wort aus der Sprache der San, die einst hier lebten und jagten. In deren Sprache bedeutet dieses Wort „trockenes, dürres, steiniges Land“. Die europäischen Einwanderer, überwiegend niederländischer Abstammung, übertrugen diesen Begriff auf die Vegetation dieser Landschaften. Sie selbst nannten diese Regionen in ihrer Sprache „droogeveld“, was deutsch „trockenes Feld“ bedeutet. Allgemein spricht man von zwei sich unterscheidenden Regionen: der Großen Karoo und der Kleinen Karoo. Unser Ziel, nachdem wir in der alten Hafenstadt Port Elizabeth gelandet sind und uns mit unseren englischen Freunden getroffen haben, ist Graaff-Reinet, eine Stadt im Ostkap Südafrikas. Die alte Kolonialstadt ist eine fesselnde Mischung aus Geschichte und natürlicher Schönheit. Die 1786 gegründete Stadt rühmt sich einer gut erhaltenen kapholländischen Architektur, die ihr den Spitznamen „Juwel der Karoo“ eingebracht hat. Etwas abseits liegt das Buccara Wildlife Reserve Karoo mit der historischen Farm Willowslopes Lodge. Dorthin fahren uns die beiden Jagdführer Glen und Johan, die uns in Port Elizabeth erwartet hatten.

Erste Tage auf Willowslopes

Wir erreichen die Farm kurz vor Mitternacht. Unsere englischen Freunde beziehen zwei neue Lodges, während unser Domizil der kommenden Tage das alte Farmhaus sein wird. Für den ersten Morgen haben wir uns nicht zu früh verabredet. Wir wollen erst einmal ankommen und in Ruhe frühstücken. Die Farm liegt malerisch, ja fast versteckt, inmitten felsiger Anhöhen. Rund um die sicher gezäunte Anlage befinden sich die neu gebauten Häuser der Angestellten und Jagdführer. Der Pool sieht ebenso einladend aus wie die Grillplätze in den gepflegten Grünanlagen.

Wir alle fühlen uns wohl und freuen uns auf die bevorstehenden Tage. Glen und Johan bilden für diese Woche zwei Jagdteams, auf die wir uns aufteilen. Gary und Brett wollen mit Leihwaffen jagen, Ilka und ich haben unsere bewährten Steyr Repetierer mitgebracht.

Nach ein paar Kontrollschüssen auf dem nahegelegenen Schießstand geht es zunächst in getrennte Richtungen los, um sich nicht unnötig zu gefährden und um die Chancen auf Jagderfolg zu verdoppeln. Wir stehen über Funk miteinander in Kontakt und hören immer wieder von Wild, das in Anblick kommt. Aber entweder passt der Wind nicht an diesem Vormittag, oder das Stück kann nicht zum Abschuss freigegeben werden. Beim gemeinsamen Mittagstisch und anschließenden Kaffee sprudeln die Eindrücke aus unseren Freunden nur so heraus. Es kamen alle möglichen Wildarten in Anblick, sodass die Spannung bis zur Nachmittagspirsch minütlich anwächst.

Am Nachmittag wollen Ilka, Glen und ich zu einem Tal mit einem nahezu ausgetrockneten Flussbett. Am Vortag haben wir dort beim Vorbeifahren eine Gruppe junger Waterbucks entdeckt. Glen hofft, sie dort wieder anzutreffen. Also lassen wir den Wagen in einiger Entfernung stehen, um zu pirschen. Der Wind ist gut, aber die Deckung schlecht. So geht es langsam durch die tiefroten, trockenen Bodenfurchen auf eine kleine Buschgruppe mit einer Wasserfläche zu. Die letzten Meter müssen wir auf allen vieren zurücklegen, bis wir Deckung finden. Und da stehen sie! Einige der Waterbucks scheinen uns allerdings mitbekommen zu haben, denn sie wirken nervös. Vielleicht haben uns ja auch die Paviane verraten, die etwas weiter entfernt rechts oben auf den Felsen sitzen und aufgeregt schreien. Die Wahl fällt nicht sonderlich schwer, denn alle Stücke sind gleich schwach veranlagt.

Die Waffe liegt ruhig auf meinem bewährten Zielstock, als der Schuss bricht. Der getroffene Bulle zeichnet deutlich, die Gruppe bricht in alle Richtungen auseinander. Wir warten eine Weile, bis wir zum Anschuss gehen. Schweiß ist da, aber das Stück liegt nicht. Der rote, samtige Sand schluckt die Schweißtropfen sofort, so wie es zu Hause, im Winter, der kalte Schnee tut. Daher haben wir etwas Mühe, der Fluchtfährte zu folgen. Aber nach etwa 200 Metern sehe ich den durch einen Kammerschuss verendeten Bullen im dornigen Gestrüpp liegen. Wir sind jedes Mal erstaunt über die Schusshärte des afrikanischen Wildes. Ilka, Glen und ich sinnieren darüber und halten Totenwache, während sich der Land Cruiser mit dem Tracker aus der Ferne nähert.

Gemeinsamer Jagderfolg

So vergehen Stunden, Tage der gemeinsamen Jagd. Ilka und ich haben noch Waidmannsheil auf Impalas. Wir entscheiden uns, die Teams zu wechseln, um die Jagdtage noch intensiver gemeinsam erleben zu können. Glen und Johan, die unsere Freundschaft und die Freude am gegenseitigen Erfolg zu genießen scheinen, krönen jeden Jagdtag mit einem Highlight. Vom kalten Windhuk-Lager an vereinbarten Treffpunkten bis hin zum Gin Tonic in der Abendsonne vor hinreißendem Panorama ist alles dabei. Und die beiden sind auch bereit und in der Lage, auf spontane Wünsche oder Vorschläge einzugehen. So geschieht es an einem besonders heißen Nachmittag, dass Glen, Ilka und ich eine Herde Wildebeest ausmachen, in der sich ein passender Bulle befindet. Das Anpirschen ist für uns eher ungünstig. Wind und Gelände erlauben kein Näherkommen. Ich frage Glen, ob die Gruppe unserer Freunde, die in einem anderen Revierteil unterwegs ist, die Chance nicht besser nutzen könnte. Ein kurzes Gespräch mit Johan über Funk bestätigt das. Und so fahren wir etwas weiter an das Wild heran, um in eine bessere Position zum Beobachten zu gelangen. Das Tal, in dem die Herde steht, scheint voller Wild. Plötzlich tauchen von überallher Wildarten auf, die sich wohl zum Schutz vor der Sonne dorthin zurückzuziehen scheinen. Bekommen sie von uns Wind? Um dies zu vermeiden, bleiben wir stehen und glasen die Landschaft ab. Endlich sehen wir das Fahrzeug der Gruppe von Johan. Im Tal steht das Wild jetzt ruhig und vertraut. Wir beobachten, wie Johan, Gary und Brett den Wagen verlassen und sich langsam in geduckter Haltung den Gnus nähern. Zwischen ihnen und der Herde sind es vielleicht 250 bis 300 Meter Distanz, als wir beobachten, wie Johan seinen Zielstock vor Gary aufbaut. Es sind Momente unglaublicher Spannung, bis wir endlich den Schuss aus der .30-06 hören und sehen, wie der tödlich getroffene Gnubulle zu einer kurzen Flucht durchstartet und inmitten einer Strauchgruppe tödlich getroffen zusammenbricht. Dem Waidmannsheil übers Walkie-Talkie folgt einige Zeit des Wartens, bis das Tal wildleer ist – wir wollen das Wild nicht noch mehr unnötig beunruhigen. Dann aber geht es hinunter zu unseren Freunden – wir fallen uns freudestrahlend in die Arme. Der Schuss sitzt gut, und wir haben einige Mühe, gemeinsam den Bullen auf den Pick-up zu hieven. Aber mit der Erfahrung der beiden Jagdführer und dank vereinter Muskelkraft gelingt es uns auch ohne Technik, das Stück zu bergen. Ein weiterer Jagdtag liegt noch vor uns, und wir erleben eine lange Nacht unter dem sternenklaren Himmel der Großen Karoo. Was wir hier gemeinsam erlebt haben, werden wir nicht vergessen. Vor allem, weil es unsere Freundschaft durch die emotionalen Momente der gemeinsamen Jagd noch weiter vertieft hat.

Produktempfehlungen

Entfernungsmesser

Leica Geovid Pro 10×42

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert