Mit dem Oktober ändert nicht nur unser geliebter Wald sein Gewand – auch der passionierte Bewegungsjäger wechselt seine Oberbekleidung von Grün auf Orange. Denn wie wir nun alle schon seit vielen Jahren wissen, reicht das schmale orange Hutband längst nicht mehr aus. Über Geschmack kann man trefflich streiten, ganz sicher aber nicht über die Sicherheit bei der Jagd. Aber was bedeutet die Zeit der Bewegungsjagden für uns? Geht es darum in möglichst kurzer Zeit, möglichst viel Beute zu machen? Ich denke nicht. Vielmehr geht es doch darum, gemeinschaftlich Jagd zu leben und zu erleben. Viele Jagdfreunde sieht man aus den verschiedensten Gründen nur wenige Male im Jahr, vielleicht sogar nur zu einer ganz bestimmten Drückjagd. Sie bilden Fixpunkte in unserem jagdlichen Kalender und bringen uns immer wieder zusammen. Sorgen dafür, dass wir alte Gesichter nicht vergessen und immer wieder neue kennenlernen.
Für mich, dessen zu Hause die Schwarzdorndickung und nicht der Drückjagdbock ist, kommt noch ein weiterer sehr wichtiger Faktor hinzu. Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Jagdhund. Wenn nach dem Versammeln der Jäger am Morgen die Klänge der Jagdhörner vom Hundegeläut abgelöst werden, dann, ja dann beginnt der Tag erst richtig. Wenn wir gemeinsam mit den Hunden in die Dickungen ziehen, auf jede Bewegung und jeden Laut achten, auf den ersten Ruf „Sau nach vorne“ warten, die Hunde kräftig anziehen und das Wild zu den Schützen bringen, der erste Schuss bricht, dann ist kein Berg zu steil und keine Hecke zu dicht. Für mich ist es Jagd in ihrer reinsten Form, anspruchsvoll für den Körper und den Geist gleichermaßen.
Doch ist der beste Hundeführer nichts wert ohne gute Hunde, der beste Treiber nichts ohne langen Atem, der beste Anlauf nichts ohne guten Schützen und die beste Strecke nichts ohne jene Jagdhelfer, die das Wild am Ende versorgen. Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte, ist ganz klar. Die Drückjagd ist eine am Morgen getroffene stille Vereinbarung unter allen Beteiligten, dass jeder seinen Teil bis Tagesende einhalten wird. Ob das Wild nun dort ist, wo wir es vermuten, darauf haben wir in keinster Weise Einfluss, worauf wir jedoch Einfluss haben, ist, wie gut unsere Gemeinschaft funktioniert. Und genau deswegen ist Beute auch nicht alles, denn auch ein Jagdtag, der unterhalb der Erwartungen lag, ist in guter Gemeinschaft und unter Jagdfreunden schnell vergessen. Selbstredend geht niemand gerne als Schneider nach Hause, doch wie sagte mein Großvater immer: „Ich kam oft mit leeren Händen, aber niemals mit leerem Herzen von der Jagd nach Hause“.
Waidmannsheil liebe Jagdfreunde!
Boray Krätz