In deutschsprachigen Ländern ist Weihnachten ein besonderes Fest für Jäger, die diesen Anlass nutzen, um eine jagdlich geprägte, gastronomische Tradition zu feiern. Ob sie nun im Wald oder im Flachland jagen… — In der Woche vor der längsten Nacht des Jahres haben passionierte Jäger eine Verabredung mit dem Weihnachtshasen.
Aufgrund der klimatischen Entwicklungen der letzten Jahre werden die Zeiten, in denen wir unsere mit einer schönen Schneedecke bedeckten Gebiete genießen können, in unseren Breitengraden immer seltener. Doch im Dezember 2023 sind unsere Berge nur wenige Tage vor Weihnachten plötzlich in Weiß gekleidet! Die perfekte Gelegenheit, um eine alte Tradition wieder aufleben zu lassen.
Die Suche nach dem Weihnachtshasen findet nicht nur wenige Tage vor den Weihnachtsfeiertagen statt, sondern erfüllt auch ein weiteres Kriterium: Sie wird mit einem mit Zielfernrohr bestückten KK-Repetierer durchgeführt. Wir machen wir uns auf den Weg in das Gebiet, das wir eigentlich eher mit der Jagd auf Rot-, Reh- und Schwarzwild in Verbindung bringen. Im Laufe des Jahres sind wir regelmäßig Hasen begegnet und wissen, dass der Besatz in unseren hochgelegenen, von jeglichen Pflanzenschutzmitteln verschonten Wäldern gut ist. Im Übrigen ist noch eine kleine Rechnung mit den Hasen offen, die letzten Herbst die Rinde der jungen Apfelbäume abnagten.
Die Bäume waren dort gepflanzt worden, um dem Schalenwild und Drosseln, von denen Hunderte auf ihren Wanderungsströmen hier vorbeikommen, etwas Leckeres zu bieten. Die jungen Pflanzen fielen den Zähnen der Nager zum Opfer und wurden inzwischen durch andere Pflanzen ersetzt, die nun ein Maschendrahtzaun schützt. Hier – unweit des „Pflanzen-Krimis“ – beginnt unser Ausflug. Was für eine Freude, diese so vertrauten Landschaften wieder in weißem Gewand zu sehen.
Sofort werden Kindheitserinnerungen wach, die uns vor Augen führen, wie schnell die Zeit vergeht. Doch der eiskalte Nordwind, der unseren Wangen zusetzt und unsere Finger versteinert, reißt uns aus unseren Träumen.
Das Magazin kommt an seinen Platz, der Verschluss schließt sich und nimmt eine kleine Kugel auf, die vielleicht „DIE“ Kugel des Weihnachtshasen sein wird. Die Waffe ist gesichert. Jetzt müssen wir nur noch in den Pulverschnee vordringen, der an manchen Stellen fast 50 Zentimeter hoch ist. Oryx bleibt brav bei Fuß, hält die Nase in den Wind und ist bereit, einzugreifen, falls der Schuss seines Hundeführers nicht so effektiv sein sollte wie erwartet.
Es ist noch früh am Nachmittag und obwohl der Weihnachtshase normalerweise vom Ansitz aus gejagt wird, beschließen wir, eine kleine Runde durch den Wald zu drehen, um zumindest Fährten zu finden. Da die Schneeflocken bereits seit einigen Tagen fallen, hatten die Tiere Zeit, sich an die neue Umgebung anzupassen, und dürften ihre Aktivitäten wieder aufgenommen haben. Tatsächlich dauert es auch nicht lange, bis wir die ersten Anzeichen ihrer Präsenz wahrnehmen.
Die Hasen sind da und sie sind nicht allein. Wir entdecken eine Vielzahl verschiedener Trittsiegel, darunter auch die des Fuchses, der es wohl schwer hat, die unter dem Schneeschild geschützten Feldmäuse zu erbeuten. Nach einer körperlich anstrengenden Stunde näheren wir uns schließlich einer Ansitzleiter am Waldrand. Unser Blick fällt auf eine schöne, unberührte Fläche, auf der im Sommer für gewöhnlich Kühe grasen. Einige betagte Apfelbäume haben ihre letzten Früchte abgeworfen. Amseln laben sich an der energiereichen Kost, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Schlafplatz machen.
Der Himmel hängt tief und verkündet eine weitere Schneeschicht. Plötzlich erstarrt Oryx und nimmt Witterung auf, die aus dem Wald kommt. Was verbirgt sich dahinter? Das Fernglas durchkämmt die Umgebung, aber es ist keine Bewegung zu erkennen. Wir vertrauen auf den Spürsinn des Hundes und positionieren die Waffe auf dem Schießstock. Das Warten währt nicht lange. Nach einigen Minuten brechen zwei Rehe aus dem offenen Gelände aus, nicht weit von der Leiter entfernt. Es ist unmöglich, weiterzugehen. Die Annäherung an den Hasen verwandelt sich in einen stehenden Ansitz, der durch den Waldrand verdeckt wird. Zum Glück sorgt der Schnee für gute Lichtverhältnisse und noch können wir die Details des Unterholzes gut erkennen. Plötzlich bewegt sich etwas hinter dem Rehwild und erregt auch dessen Aufmerksamkeit.
Plötzlich zeichnet sich ein Schatten unter dem Ast einer Fichte ab – ein Hase!
Da das Gewehr bereits auf dem Schießstock liegt, muss das Wild nur noch durch das Zielfernrohr anvisiert werden. Das Fadenkreuz wird hinter die Schulter gelegt. Schnee und Schalldämpfer dämpfen den Schuss so stark, dass sich das Rehwild unbeeindruckt zeigen. Wir erweisen unserem Hasen die letzte Ehre und balgen ihn ab, um ihn später beim Weihnachtsessen gemeinsam mit der Familie zu genießen.